Bavarian Nights - Teil 1. vom 25/26.2.2003

Instrumentarium: - 8" MEADE Starfinder EQ (f=1220mm), 4,5" TAL 1M und 4 (fast) unermüdliche Beobachter-Augen ;-)
                                 
Beobachtungsort:
Bayerischer Wald auf 49°07' n.B. - 570m über Meereshöhe

Beobachter: Matthias Juchert, Christian Schreiner 

Bedingungen: Schon seit Tagen versorgte ein kräftiges Hochdruckgebiet ganz Mitteleuropa mit wunderbarem, tiefblauem Himmel, und es war einfach wahnsinniges Glück, daß Christian und ich das schon seit langem fällige Spechteltreffen, auf diese Tage legen konnten. Einzig störend waren am Abend einige Autos, die uns kurzzeitig mit Photonen überhäuften. Ansonsten zeigte sich kein Wölkchen am Himmel. Christians Platz im bayerischen Wald bietet gute Beobachtungsbedingungen, die nur minimal schlechter sind, als gute Nächte unter brandenburgischem Himmel. Das Zodiakallicht war trotz des kleinen Lichtkegels des Nachbardorfes direkt darunter, sichtbar! Auch die Horizontsicht war trotz des am Tage in den Tälern erkennbarem Dunstes, ziemlich gut.


Beobachtung:

Zeit: 19.00 Uhr - 4.00 Uhr (!)

Nachdem wir uns einen kleinen Beobachtungsplatz in den Schnee geschaufelt hatten (das hatte schon was vom Gornergrat :-) ... ), ging es bereits in der Dämmerung los mit dem Beobachten. Da ich gegen über den Beobachtungsplätzen im Märkischen Land, satte 3,5° nach Süden gewonnen hatte, stand bei mir heute hartes Horizontprogramm auf der Speisekarte - Deep-South ist das Zauberwort. Wir hatten beide ein reichliches Programm vorbereitet, und nebenbei war es interessant, die eigenen Wahrnehmungsfähigkeiten zu vergleichen, und sich vielleicht das eine oder andere voneinander abzuguckn.

Deep-South von Caelum bis Puppis

Die Situation am Abendhimmel kurz nach Dämmerungsende

Hier - am tiefsüdlichen Winterhimmel begann die Beobachtung. Etliche Sterne von Columba waren mit bloßem Auge erkennbar. Auch südlich von Canis Major waren Sterne sichtbar, die in Brandenburg im Horizontdunst verschwinden. Ich wollte unbedingt mal ein Objekt im Caelum (zu Deutsch: Grabstichel) beobachten, aber leider steht das Sternbild wirklich sehr tief, und bietet keine hellen Nebel. Das einzige, was machbar erschien waren Doppelsterne...

HJ 3718 (Ds) (Cae) 31,7"

-33° Dekl. und unruhiges Seeing am Horizont, aber der Stern ist bereits bei 50x deutlich getrennt. Es zeigen sich 2 recht helle Komponenten mit erkennbarer Helligkeitsdifferenz (9/10mag). 2' südlich befindet sich noch ein schwächerer Stern, der aber nicht zum System gezählt wird.

Ich probierte auch die Galaxie NGC 1679, die wohl aber einfach zu tief stand und mit ihrem 11,5mag nicht sichtbar wurde. Über die beiden Gamma Caeli Sterne, arbeitete ich mich zum Doppelstern HJ 3740 vor.

HJ 3740 (Ds) (Col) 23,7"

-36,5° Dekl.! Sehr schlechtes Seeing am Horizont! Die Sterne sind kaum scharf zu bekommen, aber zeigen bei 98x diffus die Duplizität. Der Helligkeitsunterschied ist hier gut erkennbar (7/8,5). PW geschätzt 270°

Nachdem ich mir erfolglos die Zähne an der Galaxie NGC 2090 im Columba ausgebissen hatte, ging es vom Stern Zeta CMa auf die Suche nach dem einzigen Kugelsternhaufen im Sternbild Puppis....

NGC 2298 (Gc) (Pup) 9,4mag

-36° Dekl.! - Sehr schwacher, diffuser, mittelkleiner Fleck, der nur mit indirekter Sicht schwach im Horizontdunst zu erkennen ist. Sichtung von Christian bestätigt. Im Südwesten des Haufens befindet sich ein recht deutlicher Stern.

..und ein kleiner Abstecher ins südliche Gebiet von CMa....

NGC 2243 (Oc) (CMa) 9,4mag

Etwas größere, nicht aufgelöste diffuse Nebelwolke etwa in der Mitte zwischen 2 hellen Sternen. Der helle lockere Asterismus, östlich neben dem Haufen, der etwa 8-10 auffällige Sterne bei 98x zeigt, hat nichts mit dem NGC-Objekt zu tun.

Während ich mich dann erfolglos an den Objekten NGC 2663 und NGC 2818 (Oc mit hellem Pn!) tief im Pyxis versuchte, probierte Christian schon eine Weile an der Galaxie Holmberg II (UGC 4305) (mit dem TAL!). Als die endlich im Okular war, erkannte er eine diffuse Erscheinung um einen helleren Stern. Ich konnte dies bestätigen. Ein kleines Stück entfernt von diffusen Sterns meinte ich noch einen schwachen Lichthauch zu erkennen. Später kontrollierten wir die Beobachtung mit dem DSS-Bild und der hellste Teil der Galaxie befand sich tatsächlich bei dem auffälligen Stern.

Deep-South in Antlia

Die Luftpumpe (Antlia) steht sehr tief am mitteleuropäischen Horizont, tritt aber für einen bayrischen Standpunkt noch vollständig über diesen, auch wenn es sehr schwer ist, einige Objekte zu beobachten. Von Brandenburg aus konnte ich bisher nur eine Galaxie und einen Doppelstern beobachten. Von Alpha Ant begann die Suche....

Delta Ant (Ds) (Ant) 11"

Dieses, auch als H 50 bekannte System besteht aus einem 5mag Hauptstern und einem 10mag Begleiter. Wie hat Herschel dieses schwierige System so tief am Horizont nur erkennen können? Bei 98x war der schwache Begleiter im Westen nur schwer aber immerhin eindeutig erkennbar.

Von der Galaxie NGC 3175 ausgehend, die ich schon kannte, und die auch bei 50x relativ leicht im Gesichtsfeld erschien, ging es zur Nachbar-GX...

NGC 3137 (Gx) (Ant) 11,5mag

Eine große Galaxie, mit geringer Flächenhelligkeit. Nur per indirekter Sicht, ist ein in N-S-Richtung elongierter länglich-ovaler Nebel zu erkennen. Schwach, aber eindeutig. Etwa am Nordrand ist ein Sternchen erkennbar.

...dann ein kleiner Abstecher in die benachbarte Hydra....

NGC 3109 (Gx) (Hya) 9,9mag

Dieses große, wunderbare Objekt ist auf dem DSS-Bild in unzählige Sterne und Assoziationen aufgelöst. Von Brandenburg aus, ist sie nur extrem schwach zu erkennen. Hier zeigt sich bei 50x und 98x, immerhin eine langgestreckte relativ große Lichtnadel, die eine auffällige Sternkette kreuzt. Die Sichtung wurde von Christian bestätigt. Ein schwieriges, aber durchaus interessantes Objekt.

NGC 3078 (Gx) (Hya) 11,1mag

Schon bei 50x gut sichtbar. Bei 98x ist das Objekt per indirekter Sicht deutlich als ovaler Nebel mit hellem Kern sichtbar.

Christian fragte zwar, wo ich gerade beobachtete, aber die Frage hatte sich angesichts des nahezu wagerecht liegenden Tubus ohnehin erübrigt. ;) .....

NGC 2997 (Gx) (Ant) 9,4mag

Bei 98x dauert es schon eine Weile bis diese Spiralgalaxie spärlich Photonen frei gibt. Per indirekter Sicht erscheint dann aber ein sehr schwacher diffuser glow, von größerer Ausdehnung. Vermutlich habe ich nur das etwas hellere Zentralgebiet beobachtet.

NGC 3100 (=3103) (Gx) (Ant) 11,1mag

Überraschend deutlich trotz der Lage bei -31°41' Deklination! Per indirekter Sicht relativ heller Nebel in einem schönen Sternfeld. Dicht östlich ein heller Stern. Der Nebel erscheint länglich in Nord-Süd-Richtung.

NGC 3108 (Gx) (Ant) 11,8mag

Nur 22' östlich von NGC 3100. Indirekt sehr schwacher Nebel nördlich bei einem helleren Stern zu erkennen. Ich habe ein recht helles Galaxienzentrum wahrgenommen.

Wer hätte gedacht, das insgesamt mind. 5 Galaxien und 2 Doppelsterne im Sternbild Antlia von Mitteleuropa aus zu sehen sind? Wahnsinn! 

Deep-South im südlichen Teil der Hydra

Die Wasserschlange - das größte Sternbild des Himmels erstreckt sich vom Winterhimmel bis fast in sommerliche Bereiche, und ist mit einem Blick nicht mehr zu erfassen. Im südlichsten Teil des Sternbildes lauerte das langerwartete Highlight des bisherigen Abends - William Herschels südlichstes Objekt, die jedem mitteleuropäischen Beobachter, der amerikanischen Ur-H400-Version, die Haare sträubt. NGC 3621 steht bei immerhin -32°50' Deklination!

NGC 3621 (Gx) (Hya) 9,7mag

Zwischen 3 Sternen von 10, 11 und 12mag, findet sich diese große Galaxie. Sie ist bei 98x nur schwach sichtbar. Man erkennt zwar auf den ersten Blick den Nebelhaften Schimmer zwischen den Sternen, aber genaue Konturen werden erst nach längerer Beobachtung sichtbar. Die Galaxie beginnt östlich des nördlichsten der 3 Sterne und zieht sich dann nach Süden um zwischen den beiden helleren Sternen hindurch zulaufen. Bevor sie diese jedoch erreichen kann verliert sich ihr Licht im Hintergrund. Bei genauer Betrachtung kann man immerhin noch ein helleres Zentralgebiet in dem schwachen Nebel erkennen.

Auch in Christians TAL waren wir erfolgreich. In der Umgebung der Galaxie tummelten sich noch einige weitere Galaxien, die ich noch beobachtete...

NGC 3717 (Gx) (Hya) 11,2mag

Bei 50x ist eine sehr schöne Lichtnadel zu erkennen - ziemlich schwach zwar, aber doch gut sichtbar. Jedoch nur per indirekter Sicht. Besonders schön ist die langgestreckte Form.

NGC 3885 (Gx) (Hya) 11,9mag

Recht schwache, ovale Galaxie. Bei 98x schwacher Stern nahe der Galaxie erkennbar. Die Galaxie erschien in Richtung Südwest-Nordost elongiert.

NGC 3923 (Gx) (Hya) 9,8mag

Christian fand das Objekt im 8" ziemlich hell und auffällig. Ich konnte ebenfalls einen rund-ovalen größeren Nebel mit hellem Zentrum erkennen. Schon bei 50x war die elliptische Galaxie deutlich erkennbar.

NGC 3904 (Gx) (Hya) 10,9mag

Etwas schwächerer diffuser Nebel von ovaler Form. Auch mit indirektem Sehen schwächer, als die Helligkeitsangabe von 10,9 vermuten läßt.

Deep-South im Centaurus

Nach einer längeren Erholungspause, gingen wir dann gegen 3 Uhr noch mal auf die Jagd - dieses Mal lautete das Zauberwort Centaurus, was mindestens ebenso verlockend ist wie die südliche Hydra. Lange Zeit hatte ich geglaubt, das man von Deutschland aus kein Deep-Sky-Objekt in diesem Sternbild beobachten kann, aber heute wurde ich eines besseren belehrt. Es waren zwar nicht die Glanzlichter, wie Omega Centauri, aber immerhin konnte ich mich von Norden an die nördlichsten Galaxien herantasten.

NGC 4936 (Gx) (Cen) 10,8mag

Dicht westlich bei einem deutlich erkennbaren 11mag Stern, erschien bei 98x ein indirekt schwacher, aber eindeutiger Nebelfleck. 

NGC 5253 (Gx) (Cen) 10,4mag

-31°49' Deklination, aber trotzdem recht einfach als heller Nebel sichtbar. Sogar mit direkter Sicht - das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Die Galaxie zeigt sich länglich, relativ klein und besitzt eine hohe Flächenhelligkeit. 

M83 (NGC 5236) (Gx) (Hya) 7,5mag

Habe ich selten so gut gesehen, wie heute. Trotz Horizontnähe ziemlich helles Objekt. Einfach sind ein größerer diffuser Halo, und ein sehr heller flächiger Kern zu erkennen. Nach einiger Beobachtung sind wieder (wie vor einem Jahr in Österreich) ansatzweise Strukturen zu erkennen. Besonders im Osten des Kerns war dies der Fall.

IC 4329 (Gx) (Cen) 11,3mag

Hellstes Objekt einer relativ großen Galaxiengruppe. Sehr schwach aber immerhin eindeutig ist bei 98x ein runder Nebel wahrzunehmen. Nicht ganz einfach. Bildet mit 3 schwächeren Sternen ein Rechteck

Christian vermutete sogar die Sichtbarkeit der Galaxie NGC 5102 im TAL - direkt bei dem hellen Iota Centauri, was aber nicht 100% geklärt werden konnte. Mit bloßem Auge waren vom Centaurus immerhin die beiden nördlichsten hellen Sterne Iota Cen und Theta Cen erkennbar. Dann war aber vorerst Schluss und für die nächste Nacht war schon wieder gleichbleibend gutes Wetter angekündigt. To be continued.... :-)

Clear Skies
Matthias


Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de