Nach nur 5 Monaten war es wieder soweit. Die berauschenden Farben der Polarlichter waren über dem Himmel Brandenburgs zu sehen. Doch dieses Mal weitaus eindrücklicher als Ende Mai 2003! Und damit nicht genug! Man konnte die Aurora an 2 aufeinander folgenden Abenden beobachten! 

Die Ursache

Bereits in den vorrangegangenen Tagen sorgten auf der Sonne die größten Sonnenflecken des aktuellen Fleckenzyklus für Furore. Bereits am 24.10 hatte ich den gerade am Sonnenrand erscheinenden #10486 mit der Webcam am 2,5" Zeiss Refraktor fotografiert:

Der Sonnenfleck #10486 am 24.10.03 - aufgenommen zur Mittagszeit

Dieser Fleck war zusammen mit dem nur wenig kleineren #10484, gleichzeitig mit dem bloßen Auge sichtbar! Von ihm gingen schließlich die entscheidenden kräftigen Flares aus, die zu den fantastischen Polarlichtern im Zeitraum vom 29 - 31.10 führten.

Die Wirkung - Aurora Borealis der Nacht vom 29/30.10.03

Bereits am 28.10 hatte mich ein Astro-Kollege wegen eines eventuellen Polarlichts angeschrieben. Im Nachhinein muss ich mich für diesen Hinweis bedanken. Am Abend des 28.10 war ich dann mal wieder an meinem Beobachtungsplatz, um mein Deep-Sky-Programm im Sternbild Pisces etwas voran zu treiben. Die Nacht war schön klar und dunkel - von einer Aurora aber weit und breit keine Spur. Am nächsten Tag verfolgte ich einige Mailing-Listen, um mir die Bestätigung zu holen, das es am Vorabend kein Polarlicht gab. Dort musste ich erfahren, das die Chancen für den kommenden Abend ziemlich gut standen. 

Gegen 19 Uhr MEZ fuhr ich (ohne all zu große Hoffnungen) zum Beobachtungsplatz. Bewaffnet war ich nur mit einem Fotoaperrat und einem 50mm Objektiv. Das Wetter war eher schlecht. Der Himmel war zu 7/8 bedeckt, aber in einer kleinen Wolkenlücke konnte ich ein verheißungsvolles grünes Leuchten wahrnehmen. 

Der erste Blick auf die Aurora, durch dicke Wolken hindurch

Die Aurora verstärkt sich, breitere Wolkenlücken, der Horizont glüht grün, darüber ein violett-grün-gelbes Band!

Ein smaragdgrünes "Loch" im Himmel

Ein helles, zerfasertes Band reicht bis zu Polaris hinauf

Das war in etwa die Zeit, als mich aufgrund der zunehmenden Eindrücklichkeit doch die Panik ergriff. Mein Film war leider voll, so das an diesem Abend keine weitere Bilder entstanden. Ich wollte das Ereignis unbedingt mit jemandem teilen, also bin ich zurück in den Ort gerast (nicht ohne alle alle paar hundert Meter kurz zu halten und gebannt gen Nordhorizont zu starren). Manche meinten, das sehe ja aus wie angeleuchtete Wolken. Zu diesem Zeitpunkt stand die Sichtbarkeit kurz vor ihrem Höhepunkt. Mit meinem Bekannten Karl-Heinz fuhr ich nochmals heraus und konnte ein beeindruckendes Schauspiel beobachten. Für kurze Zeit hatten wir freie Sicht gen Norden - es zeigte sich visuell ein deutliches, grünes Glühen das sich erst oberhalb des Großen Wagens abschwächte, und hinter Wolken verschwand. Fantastisch, dachte ich - so was erlebt man nicht alle Tage! Dann zogen leider von Westen her Wolken auf, und die Lücke schloss sich wieder. Gern hätte ich mehr Fotos gemacht... So was erlebt man ja schließlich nicht alle Tage. Oder vielleicht doch?

Die Offenbarung - Aurora Borealis der Nacht vom 30/31.10.03!

Am nächsten Tag erfuhr ich von einer neuerlichen Polarlicht-Warnung. Ich hatte jedoch aufgrund der Bewölkung keine all zu große Hoffnung, obgleich ich mir sicherheitshalber einen neuen Film gekauft hatte. Irgendwann schlief ich vor dem Fernseher ein und erwachte erst am 31.10 gegen 1.00 Uhr wieder... was dann geschah kann man im folgende Original-Notizen lesen. Gepostet gegen 4 Uhr im AKM-Polarlichtforum - garniert mit einigen Bildern der Nacht:

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Da fehlen einem echt die Worte... 

Gegen 1h MEZ bin ich aufgewacht, und habe auf dem Sat-Bild gesehen, das sich hier westlich von Berlin langsam die Wolken lichten. Ein Blick aus dem Fenster und ... *ichglaubsjanicht* ... schon wieder ein Polarlicht! Das 2te in 2 Tagen! Ich werd verrückt!!!! 

Also bin ich schnell rausgefahren zu meinem Deep-Sky-Beobachtungsplatz und was ich auf dem Weg dorthin schon aus dem Auto gesehen habe ... *binsprachlos* 

1.30h MEZ: Der Himmel bietet einen überwältigenden Anblick. Bis in den Zenit rauf, ein tiefrotes, diffuses Glühen. Etwa zwischen Cassiopeia und Schwan ein heller, geschwungener Bogen mit deutlichem Grünton. Erstmals überhaupt bei einem PL konnte ich auch gelbliche Färbungen in der Nachbarschaft der grünen Bögen erkennen! Der Große Wagen ertank regelrecht in vielen hellen Bogen. Vertikale Streifen waren zu diesem Zeitpunkt nicht so dominierend. Vereinzelte helle Strukturen auch in Richtung Osten. 

fantastische Lichtbögen Ursa Major + Aurora ein Blick gen Norden 


1.50h MEZ: Kann es noch schöner werden!?!? Die Aktivität dieser Welle ist kurz vor ihrem Höhepunkt. Ich wollte ursprünglich eine Liste der Sternbilder notieren, die visuell noch außerhalb des PL stehen. Aber da war nicht mehr viel. Das rote Glühen erstrecke sich nach Süden bis zu den Gürtelsternen des Orion. Eigentlich waren nur noch die südlichen Teile von Orion, Großem Hund, Eridanus und dem Hasen außerhalb der Reichweite der Aurora! Der ganze Nordhimmel glüht rot und grün. Überall am Himmel sind farbige Lichtbögen zu sehen. Ist das genial!!! Mein Beobachtungsplatz ist normalerweise richtig dunkel, das das PL warf sogar diffuse Schatten! Irgendwie hatte ich das Gefühl in Norwegen oder Alaska zu sein, und nicht in Brandenburg. 

neue Nebel um die Plejaden das ist nicht M42 ;-) Bänder von Aries bis Cetus


1.55h - 2.05 MEZ: HÖHEPUNKT DER AKTIVITÄT! Von Norden her breiten sich sehr helle, ausgedehnte, grüne Bögen am Himmel aus. Direkt im Stier über Aldebaran hängt der südlichste Bogen. Er dehnt sich sogar bis weit in den Südosten Richt Walfisch aus. Das PL ist jetzt wirklich HELL!! Ich kann beobachten, wie sich die Bögen verändern. Mal schieben sie sich wie Wolken vor den Sternen her, mal verschwinden sie innerhalb von 10-15sec, als wenn jemand an einem Dimmer dreht. Ein anderer Bogen zieht sich quer durch die Zwillinge über Saturn hinweg. Es ist die hellste Erscheinung der Nacht. Wie eine von einem Scheinwerfer angeleuchtete Wolke - ich verkürze sogar etwas die Belichtungszeit meiner Fotos. Nur im Orion und den Nachbarsternbildern sieht man noch, wie klar und dunkel der Himmel eigentlich wäre. Einige Nebel (M35, M42 und M44) sind mit bloßem Auge sichtbar. Aber der Rest des Himmel ist ... tja ... farbig! 

die Aurora "greift" nach Saturn

ein glücklicher Beobachter

Aurora bis hinunter zu Sirius

2.10h - 2.15h MEZ: Die hellen grünen Bögen haben ein tolles Schauspiel geboten. Die Aktivität läßt nun schnell nach. Helle Strukturen sind im Bereich des "Wagens" zu sehen. Bis zum Zenit ist aber noch ein diffuses, rotes Glühen sichtbar. Einzelne Streifen unterhalb des Polarsterns. Ich warte noch 15min. 

Blick Richtung Norden - langsame Beruhigung beeindruckende Farbvielfalt

2.30 MEZ: Der Himmel wirkt insgesamt grau. Das Polarlicht ist also noch da, aber es regt das Farbsehen nicht mehr an. In 10° Distanz über dem Nordhorizont hält sich aber ein schwächeres, grünes Glühen (das ich in einer "normalen Polarlichtnacht" schon als Erfolg verbucht hätte!) ;-). 

Auf jeden Fall eines der schönsten Erlebnisse, das man sich auch nur wünschen kann. 

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Soviel zu den Notizen dieser Nacht. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich die Bilder dieser Nächte später noch herausgeholt habe, und immer wieder begeistert war. Es waren wirklich 2 unvergessliche Nächte, an die ich noch lange denken werde.

Clear Skies

Matthias


* Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de